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Autor: Daniel Patrick Brugger (Partner #FORTSCHRITT)
- 13.05.2022 -

Mobiles Arbeiten und Workation sind nur zwei Elemente der zukünftigen Arbeitswelt, dennoch zwei, die derzeit in aller Munde sind. Spätestens durch die Pandemie musste sich so gut wie jedes Unternehmen mit entsprechenden Modellen auseinandersetzen. Dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Was darf ein Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer und was darf er nicht, wenn es um Arbeiten außerhalb der eigenen Büroräume geht?

Hatten Sie auch schon mal den Wunsch, Arbeit und Urlaub zu verbinden? Genau diesen Sachverhalt beschreibt der aus zwei englischen Begriffen zusammengesetzte Begriff „Workation“ (Work = Arbeit und Vacation = Urlaub). In Zeiten von remote Work, mobilem Arbeiten oder Homeoffice – egal wie man es bezeichnet, geht es um die Arbeit außerhalb der eigenen Büroräume – hat sich die Idee, sich den Arbeitsort selbst auszusuchen und ihn mit seinem Privatleben in Einklang zu bringen, in einem festen Konzept manifestiert. Privatleben und Berufsleben verschmelzen immer mehr durch den hohen Grad an Freiheit und Selbstorganisation, die viele Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden überlassen, der mittlerweile auch immer stärker von letzteren eingefordert wird. Eine Variante dieses Konzeptes des dezentralen, digitalen bzw. hybriden Zusammenarbeitens ist Workation: Man arbeitet dort, wo man auch Urlaub macht. Somit kann man beispielsweise morgens vor der Arbeit anstatt durch die Straßen seiner Stadt, am Strand entlang joggen.

Doch was muss ein Arbeitgeber beachten, wenn seine Mitarbeitenden im eigenen Land wie z.B. an der Nord- oder Ostsee, im europäischen oder im nicht europäischen Ausland arbeiten bzw. Workation machen? Ist es wirklich so einfach, wie es klingt?

New Work Neue Arbeitswelt

Ausgehend von einem in Deutschland lebenden und bei einem in Deutschland gemeldeten Arbeitgeber beschäftigten Mitarbeitenden, ist es wirklich so einfach! Wenn die Workation in einem EU-Land stattfindet und nicht länger als vier Wochen am Stück und 183 Tage im Jahr dauert, greift das deutsche Arbeitsrecht und es sind keine arbeitsrechtlichen Anpassungen nötig. Auf Grund der Freizügigkeitsregelung (Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist das Arbeiten innerhalb der EU in einem anderen Land grundsätzlich möglich. Grundsätzlich wird in diesem Artikel das Szenario angenommen, dass ein Unternehmen seinen Sitz in Deutschland und keine weiteren ausländischen Dependancen hat und seinem Mitarbeitenden Workation ermöglicht.

Wie sieht die steuerliche Situation bei Workation aus?

Wie auch bei der Erbringung seiner Arbeitsleistung in Deutschland, muss ein Arbeitnehmer auch im Rahmen einer Workation seinen steuerlichen Pflichten nachkommen. Das deutsche Lohnsteuerrecht greift und es besteht daher keine Veränderung zur Tätigkeit in Deutschland, wenn im Ausland maximal 183 Tage im Jahr oder weniger gearbeitet wird. Bei längeren Arbeitsaufenthalten im Ausland sind Mitarbeitende im Land der Workation steuerpflichtig.

Wann können bei Workation arbeitsrechtliche Veränderungen notwendig werden?

Dauert die Workation länger als vier Wochen am Stück, sind ggf. nationale Regelungen zu beachten. Je nach Land und den bestehenden Abkommen zwischen den Ländern (Heimatland und Workation Aufenthaltsland) kann es erforderlich sein, ein Arbeitsvisum für die berufliche Tätigkeit zu beantragen.

Findet die Workation in Ländern außerhalb der EU statt, sollten Sie prüfen, ob eine Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung notwendig ist. Sollte dem so sein, sind die lokalen arbeitsrechtlichen Bestimmungen bezüglich der Arbeitszeit und Pausenzeiten zu beachten. Darüber hinaus sollten sie die Vergütungsvorschriften in diesem Land für die auszuübende Tätigkeit prüfen.

Welche Sozialversicherungsaspekte gibt es bei Workation zu beachten?

Bei einer unregelmäßigen Workation (je nach Wetter, Urlaubszeit, Lust und Laune) innerhalb der EU-Länder sowie der Schweiz, Lichtenstein, Island und Norwegen sind keine Maßnahmen hinsichtlich Sozialversicherung vorzunehmen. Dies kann auch der Fall sein, wenn die Workation regelmäßig (z.B. jede erste Woche im Monat oder jeden dritten Monat, etc.) stattfindet. Die Voraussetzungen dafür sind, dass mindestens 25% der Arbeit eines Jahres in Deutschland erbracht werden, eine Anstellung bei einem deutschen Arbeitgeber vorliegt und sich der Wohnsitz des Mitarbeitenden in Deutschland befindet.

Bei einer Workation außerhalb der EU sind die Sachverhalte zur Sozialversicherung in den bilateralen Abkommen zwischen den Ländern geregelt und sollten individuell geprüft werden.

EvolutionOfWork

Workation Übersicht zur Orientierung

Dauer der Workation

< 4 Wochen am Stück

< 183 Tage im Jahr

> 183 Tage im Jahr

Arbeitsrecht

deutsche Arbeitsrecht, keine arbeitsrechtlichen Anpassungen nötig

ggf. nationale Regelungen zu beachten (z.B. Arbeitsvisum, Aufenthaltsgenehmigung, lokale arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie Pausenzeiten oder Vergütungsvorschriften)

ggf. nationale Regelungen zu beachten (z.B. Arbeitsvisum, Aufenthaltsgenehmigung, lokale arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie Pausenzeiten oder Vergütungsvorschriften)

Steuerrecht

deutsche Steuerrecht greift, keine steuerrechtlichen Anpassungen nötig

deutsche Steuerrecht greift, keine steuerrechtlichen Anpassungen nötig

Mitarbeitende im Land der Workation steuerpflichtig

Sozialversicherung

deutsche Sozialversicherung greift, keine steuerrechtlichen Anpassungen nötig

Sozialversicherung in den bilateralen Abkommen zwischen den Ländern geregelt und sollten individuell geprüft werden

Sozialversicherung in den bilateralen Abkommen zwischen den Ländern geregelt und sollten individuell geprüft werden

Fazit

Einfach und unkompliziert möglich

Relativ einfach und unkompliziert innerhalb der EU und deren Partnerländer mit entsprechender Vorbereitung möglich

Umfangreiche Vorbereitung und Abstimmung mit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie den Behörden notwendig

Vorteile von Workation:

  • Mitarbeitende freuen sich über das Vertrauen der Führungskräfte und über mehr Flexibilität in der Tätigkeitserbringung
  • Workation fördert die Kreativität und Innovationsfähigkeit durch neue Impulse des Umfeldes (wie Landschaft, Kultur, Klima, Menschen, etc.)
  • Es erhöht die Loyalität und Bindung zum Arbeitgeber und sorgt für eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit
  • Bei guter Selbstverantwortung und -organisation kann sich die Verbindung von Arbeit und Urlaub positiv auf die Mitarbeitermotivation auswirken und die Arbeitsproduktivität erhöhen
  • Für Unternehmen ist es ein positives Element von Employer Branding und stärkt die Arbeitgebermarke langfristig
  • Es reduziert die Abhängigkeit zum physischen Arbeitsort des Arbeitgebers und erhöht somit die Attraktivität für Fach- & Führungskräfte, auch bei Organisationen im ruralen und suburbanen Bereich

Nachteile von Workation:

  • Bei weniger stark ausgeprägter Selbstverantwortung und -organisation oder schlechter Vorbereitung der Workation (Infrastruktur, Internet, Arbeitsplatz, etc.) kann sich diese negativ auf die Mitarbeitermotivation auswirken und die Arbeitsproduktivität beeinträchtigen
  • Ebenso können Mitarbeitende in einer weniger kooperativen Unternehmenskultur unter dem sozialen Druck ihrer Kollegen stehen, nicht ausreichend oder nicht in ausreichender Qualität zu arbeiten – auch wenn hier mehr die Unternehmenskultur ein Problem darstellt als der Umstand der Workation
  • Die Ablenkungen von Urlaubsaktivitäten ist hoch und kann damit die Arbeitsleistung reduzieren
  • Das dezentrale Arbeiten erfordert einen größeren Kommunikations- und Koordinationsaufwand, gerade bei direkten Kolleg:innen und Führungskräften – auch oder vor allem bei Zeitzonenunterschieden
  • Die oftmals geringere Einbindung von Kolleg:innen und Führungskräften bei der Leistungserbringung kann zu Unstimmigkeiten im Team und zu Konflikten im Büro sorgen
  • Der Verwaltungsaufwand bei längeren Workation-Aufenthalten kann je nach Land ungemein hoch sein, sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer

Empfehlungen für Workation:

  • Tasten Sie sich an Workation heran, bevor Sie gleich für einen längeren Zeitraum Workation machen (z.B. erst ein Tag, dann eine Woche, dann zwei), um eine mögliche Überforderung von sich selbst und Ihrer Organisation zu vermeiden
  • Verbinden Sie Wochentage für Workation mit einem vor- oder auch dem nachgelagerten Wochenende, z.B. Donnerstag und Freitag + Wochenende
  • Besprechen Sie vorab mit dem Gastgeber, wie es um die Infrastruktur bestellt ist, ob es beispielsweise ein Fernsehgerät gibt, das Sie als Bildschirm verwenden können oder ob die Internetstabilität gewährleistet ist
  • Denken Sie an Kopfhörer für Ihre Meetings, um Ihre Mitmenschen weniger zu stören und ggf. Vertraulichkeiten zu wahren
  • Schauen Sie, je nachdem wohin Sie reisen, dass Sie nicht mehr Zeit im Flieger verbringen als Sie vor Ort sind
  • Schaffen Sie sich Arbeits- und Freizeitphasen in ihrem Kalender, damit es klar sowie transparent ist, wann Sie wie erreichbar und am Arbeiten sind. Somit können Sie sich Freiräume schaffen, um den Reiseort auch zu genießen
  • Bei Workation mit größerer Zeitdifferenz zum Arbeitgeber und Ihren direkten Kollegen, einigen Sie sich (Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ggf. auch teamintern) über Arbeitszeiten

Laptop High Five

Viele Organisationen, die auch in Zukunft erfolgreich sein wollen, tun gut daran, ihre Führungsinstrumente, Organisationsformen und Prozesse zu überdenken und sich tiefer mit den Prinzipien sowie den dazugehörigen Elementen von New Work zu beschäftigen. So wie #FORTSCHRITT es gemeinsam mit vielen seiner Kunden tut, um großartige Mehrwerte für Mitarbeitende sowie die Gesamtorganisation zu schaffen – von steigender Mitarbeiterzufriedenheit bis zu höherer Produktivität; Workation ist nur ein kleines Element, jedoch eines mit großer positiver Wirkung, wenn man es entsprechend organisiert und kommuniziert.

#FORTSCHRITT-Fazit zu Workation

Im Rahmen der neuen Arbeitswelt und im Kontext dessen, was wir in Deutschland mit New Work bezeichnen, also die Prinzipien von Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und sozialer Verantwortung in Organisationen stärker auszuprägen, ist das Element Workation sicherlich ein zukunftsweisendes.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel beleuchtet die grundsätzlichen Rahmenbedingungen und Optionen von Workation – diese gelten nicht für Sonderregelungen wie zum Beispiel Grenzgänger. Sie sollten sich bei spezifischeren rechtlichen Fragen an einen Arbeitsrechtler wenden. Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) steht für Fragen zur Sozialversicherung bereit und die Finanzämter sowie Ihre Steuerberater können Ihnen bei steuerlichen Belangen helfen.

 

Wenn Sie diesen Beitrag zitieren möchten, nutzen Sie gerne folgende Quellenangabe:

Brugger, D. (2022, 13. Mai). Workation? – Geht nicht? Geht doch! FORTSCHRITT GmbH. https://fortschritt.co/blog-de/262-workation-geht-nicht-geht-doch

Autor
Daniel Brugger

Co-Founder und Geschäftsführer der
Think-Tank-Beratungsgesellschaft #FORTSCHRITT, Initiator & Gastgeber der HINTERHOF TALKS

Daniel Brugger ist Co-Founder und Geschäftsführer der Think-Tank-Beratungsgesellschaft #FORTSCHRITT. Er ist Initiator und Gastgeber der HINTERHOF TALKS, Mitgründer von Geschäftsmodell-Werkstatt.com und dem Innovations-Hub WELTENRAUM in Iserlohn, darüber hinaus sitzt er in diversen Start-up Beiräten und ist ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Wirtschaftsjunioren Berlin e.V.

Er ist Experte für Geschäftsmodelle, Digitale Transformation und Unternehmensstrategien. In diesem Zusammenhang liegen seine Schwerpunkte auf der erfolgreichen Implementierung von Geschäftsmodellen und der Digitalisierung von Prozessen sowie der digitalen Transformation von Organisationen. Daniel Brugger besitzt Studienabschlüsse von der BiTS Iserlohn, der NUS Singapur und der ESCE Paris.

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